SYSTEMISCHE THERAPIE

Die Systemische Therapie ist ein psychotherapeutisches Verfahren. Sie begreift Probleme nicht als Störung eines einzelnen Menschen, sondern als Folge einer Störung im sozialen Umfeld des Individuums – also des Systems. Ein System kann beispielsweise die Familie, die Schule oder das Arbeitsumfeld sein. Die Wechselwirkungen zwischen dem Betroffenen und seinem Umfeld stehen also im Fokus der Systemischen Therapie.
Die Systemische Therapie betrachtet den Menschen als Teil eines Systems. Alle Personen in einem System hängen unmittelbar miteinander zusammen – beispielsweise in einer Familie, Partnerschaft, Schule oder Arbeitsplatz.

Veränderungen in einem System wirken sich daher auf alle Mitglieder aus. Gestörte Beziehungen oder ungünstige Kommunikationsmuster innerhalb des Systems können die psychische Gesundheit einzelner Mitglieder beeinträchtigen (s. Krankheiten).
Systemische Therapeut:innen führen daher die Probleme einer Person auf eine Störung im System zurück (Konstellationen). Der Therapeut geht u.a. davon aus, dass jede Störung auch einen bestimmten Zweck im System erfüllt. Gemeinsam mit den Patient:innen wird versucht, die Funktion der Symptome innerhalb des Systems aufzudeck

In der Systemischen Therapie geht es zunächst darum, die Beziehungsstrukturen und Muster innerhalb des Systems zu verstehen. Wer nimmt welche Rollen ein? Warum verhält sich eine Person auf eine bestimmte Weise? Wie interagieren die Personen miteinander? Unausgewogene Beziehungen, ungesunde Muster sowie eine ungünstige Kommunikation gelten in der Systemischen Therapie als entscheidende Einflussfaktoren für psychische Probleme. Die Lösung besteht demnach darin, diese ungünstigen Muster zu verändern.

Der Therapeut konzentriert sich dafür auf die bestehenden Ressourcen, die die Patient:innen und ihre Bezugspersonen mitbringen. Häufig verfügen die Betroffenen über Fähigkeiten, die sie bisher nicht genutzt oder falsch eingesetzt haben. Das könnte die Fähigkeit sein, gut zuzuhören, Streit zu schlichten oder auch sich durchsetzen zu können.
Für die Behandlung von psychischen Störungen erkundet der Therapeut zudem, welche Funktion die Symptome im System haben. Ein Beispiel wäre eine depressive Mutter, die alleinerziehend ist und Angst davor hat, dass ihr Sohn sie verlassen könnte. Ihre Depression trägt dazu bei, dass der erwachsene Sohn nicht auszieht, weil er um sie besorgt ist.
Das bedeutet jedoch nicht, dass der Therapeut der Mutter eine böse Absicht unterstellt. Die Auswirkungen im System sind den Betroffenen meist nicht bewusst. Wenn Betroffene die Zusammenhänge verstehen und sehen, welchen Sinn ihre Symptome in einem System haben, können sie diese leichter bewältigen.

Häufig setzen systemische Therapeuten zirkuläre Fragen ein. Sie befragen die Betroffenen nicht direkt über deren Gefühle zu einer anderen Person, sondern versetzen die Betroffenen in die Sichtweise einer dritten Person. Als Beispiel könnte der Therapeut einen Vater fragen, wie dessen Sohn die Beziehung zwischen dem Vater und der Mutter beschreiben würde. Dieser Perspektivwechsel kann zu Beginn etwas verwirrend und ungewohnt sein. Das zirkuläre Fragen ermöglicht aber, dass der Blick sich immer auf das gesamte System richtet.

In der Systemischen Therapie können die verschiedensten Lebensthemen bearbeitet werden. Sie gilt als wirksame Behandlungsoption zum Beispiel für affektive Störungen wie Depression, Essstörungen, Suchterkrankungen, Schizophrenie und psychosomatische Krankheiten. Auch Kinder und Jugendliche profitieren von einer Systemischen Therapie.

Die Systemische Therapie kann auch im Einzelsetting stattfinden. Die Bezugspersonen sind dann nicht anwesend, aber der Therapeut kann stellvertretend zum Beispiel mit Symbolen arbeiten, um die Bezugspersonen miteinzubeziehen.

Vor allem geht es darum, die Komplexität der Dinge zu erkennen. Der Mensch gehört zu einer Familie, einer Geschichte, einer Kultur, einer sozialen und natürlichen Umgebung, etc., mit denen er in Wechselwirkung steht. Diese Beziehungen sind nicht linear, sondern zirkulär: Es gibt selten eine einzige Ursache und eine einzige Folge. Als Therapeut:innen wenden wir uns an ein Individuum, das Teil eines Systems ist, und an die Systeme von Individuen, die die Familie und das Paar darstellen, wobei wir darüber hinaus davon ausgehen, dass wir selbst Teil des therapeutischen Systems sind. Diese Systeme sind mehr als die Summe der Individuen, die sie bilden: Sie haben ihre eigene Organisation, ihre eigene Dynamik, ihre eigene Art, im Gleichgewicht zu sein oder sich zu verändern.
So interessieren wir uns für den familiären und sozialen Hintergrund der Personen, die Funktionsweise von Paaren und Familien, ihre Kompetenzen und Ressourcen, ihr Bedürfnis nach Stabilität und ihre Fähigkeit, sich zu verändern. Wir hinterfragen Werte, Rollen, Lebensregeln, Kommunikationsmuster, die Art und Weise, wie man sich voneinander unterscheidet, die Familiengeschichte und bereits gefundene Lösungen. Es ist uns ein Anliegen, keine Gebrauchsanweisungen, vorgefertigten Lösungen oder Normalisierungsraster anzubieten, und wir setzen uns dafür ein, dass jede:r, jedes Paar, jede Familie ihren eigenen Weg und ihre eigenen Lösungen an der Seite eines Therapeuten finden kann, der sie ein kleines Stück ihres Weges begleitet.